Während die Diskussion über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht im Nachbarland Deutschland in Dauerschleife wiederkehrt, gibt es in Österreich noch den verpflichtenden Wehrdienst. In Österreich kann aber niemand ohne Weiteres zum Dienst an der Waffe gezwungen werden und so besteht im Falle einer Verweigerung des Wehrdienstes die Pflicht zum Wehrersatzdienst – dem Zivildienst.
Wer muss in Österreich Zivildienst leisten?
Grundsätzlich besteht für jeden männlichen österreichischen Staatsangehörigen vom 17. bis zum 50. Geburtstag die Wehrpflicht. Wer es jedoch aus Gewissensgründen ablehnt, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden und dadurch bei Leistung des Wehrdienstes in einen Moralkonflikt mit seinem Gewissen kommen würde, kann diesen verweigern und muss Zivildienst leisten.
Die Pflicht zum Ableisten des Zivildienstes tritt ein, sobald der Antrag auf Wehrdienstverweigerung bewilligt wird. Eine Befreiung von sowohl Wehrdienst als auch Zivildienst ist nicht vorgesehen und ist nur in Ausnahmefällen (z.B. schwere Gesundheitliche Probleme mit ärztlicher Begründung) möglich.
Sollte der Zivildienst mit dem Studium oder einer Ausbildung zeitlich in Konflikt treten, ist unter bestimmten Bedingungen und nach vorheriger Beantragung eine Verschiebung des Dienstantritts möglich.
Eine Weigerung zur Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes kann Bußgeld, ein Gerichtsverfahren mit dem Ziel der Verpflichtung zur Ableistung eines Dienstes oder gar eine Ersatzfreiheitsstrafe zur Folge haben.
Der Zivildienst in Österreich dauert neun Monate. Der Wehrdienst ist im Vergleich kürzer und dauert lediglich sechs Monate. Wer den Zivildienst vorzieht, sollte einige Dinge und Fristen beachten.
Wehrdienst verweigern und für Zivildienst melden
Bis 1991 mussten die Gewissensgründe eines Wehrdienstverweigerers noch von einer Kommission geprüft werden, mittlerweile genügt die bloße Zivildiensterklärung, allerdings sollte diese fristgerecht erfolgen.
Die Zivildiensterklärung kann erst ab Feststellung der Wehrtauglichkeit erklärt werden. Nach der Stellung hat der Bewerber sechs Monate und darüber hinaus bis vor dem zweiten Tag der Einberufung Zeit, eine Zivildiensterklärung abzugeben. Verstreicht die Frist bzw. ist der Einberufungsbefehl vom Bundesheer eingetroffen oder ist der Dienstantritt bereits erfolgt, kann keine Zivildiensterklärung mehr abgegeben werden.
Die ausgefüllte Zivildiensterklärung ist entweder direkt bei der Stellungskommission oder beim wohnortabhängigen zuständigen Militärkommando des Wehrpflichtigen einzubringen. Das Formular zur Zivildiensterklärung ist online zum Download verfügbar oder direkt bei der Stellungskommission erhältlich.
Wo kann der Zivildienst in Österreich geleistet werden?
Die Einsatzfelder für Zivildienstleistende in Österreich sind vielfältig, lassen sich jedoch in drei Gebiete unterteilen:
- Soziale Dienste in Krankenhäusern, Klinken, Altenheimen, Betreutem Wohnen, Rettungsdienst, Fahrdienst, Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendeinrichtungen, uvm.
- Katastrophenschutz bei Feuerwehren und weitere Organisationen zum Zivilschutz
- Umwelt- und Tierschutz bei Natur- und Tierschutzorganisationen, im Tierheim, etc.
Der Zivildienst in Österreich wird über die Zivildienstserviceagentur organisiert. Die Agentur weist die Zivildiener mit einem Bescheid einer Einrichtung zu.
Zivildiener können ihre Präferenzen für den Bereich und auch eine bevorzugte Organisation oder Einrichtung in der Zivildiensterklärung zwar angeben und auch eigenständig nach einer passenden Stelle für sich suchen. Allerdings kann die Zivildienstserviceagentur nicht garantieren, dass alle Wünsche erfüllt werden. Die endgültige Zuweisung des Zivildieners an seine Dienststelle hängt letztendlich vom Bedarf und Erfordernissen der Einrichtung sowie der persönlichen Eignung des Zivildieners ab.
Es ist empfehlenswert, sich frühzeitig bei einer Wunscheinrichtung zu bewerben. Bei einer aus Sicht der Einrichtung erfolgreichen Bewerbung, sollte Diese den gewünschten Zivildiener schnellstmöglich, spätestens vier Monate vor dessen Verfügbarkeit (z.B. Schulabschluss oder Ausbildungsende) anfordern.
Welche Aufgaben dürfen Zivildiener verrichten?
„Zivildienstleistende haben grundsätzlich Hilfsdienste unter Anleitung, Beaufsichtigung und Verantwortung des Vorgesetzten zu leisten. Die zulässigen Tätigkeiten sind im Zuweisungsbescheid angegeben.”, heißt es im Infomaterial der Zivildienstserviceagentur.
Zivildienstleistende sollen einen sinnvollen Dienst an der Gesellschaft leisten und „möglichst hochwertig beschäftigt” werden. Sie sollen daher nicht nur unattraktive Aufgaben im jeweiligen Beruf verrichten, sondern aktiv dazu lernen.
Um eine Ausnutzung der Zivildiener durch die Einrichtung vorzubeugen, ist klar festgelegt, was Zivildienstleistende grundsätzlich nicht verrichten dürfen:
- Toilettengänge mit und Körperpflege von Klienten
- (Pflege-)Tätigkeiten, für die eine bestimmte Ausbildung vorgeschrieben ist
- Reinigungsdienste, wenn diese über ein Drittel der Dienstzeit ausmachen
- Tätigkeiten, die reine Hilfsdienste unter Anleitung oder ohne Beaufsichtigung des Vorgesetzten sind
Wie hoch ist das Zivildienst Gehalt?
Zivildienstleistende bekommen ein Grundgehalt von 585,10 Euro im Monat (Stand Januar 2024). Zusätzlich gibt es noch weitere finanzielle Vorteile für Zivildiener:
- monatlich bis zu 365 Euro Verpflegungsgeld
- alternativ kostenlose Mahlzeiten (Frühstück, warme Hauptmahlzeit und ein weiteres Essen)
- Zivildiener sind automatisch kranken- und unfallversichert
- Wohnkostenbeihilfe sowie Familien- / Partnerunterhalt (unter bestimmten Voraussetzungen)
- KlimaTicket Ö – kostenlose Nutzung aller teilnehmenden Verkehrsmittel in ganz Österreich
Zivildienst als wichtige Stütze im Gesundheitswesen und für die Gesellschaft
Laut Zivildienstserviceagentur haben sich in den vergangenen Jahren rund 45 Prozent der jungen Männer in Österreich für den Zivildienst entschieden. Nicht nur vermittelt der Zivildienst wertvolle soziale Kompetenzen an die jüngeren Generationen, sondern fungiert auch als Türöffner für das Ehrenamt.
Viele Zivildienstleistende engagieren sich nach dem Ableisten ihres Zivildienstes weiterhin ehrenamtlich. Die Zivildienst Studie aus dem Jahr 2021 an der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt, dass sich rund 30 Prozent der jungen Männer nach dem Zivildienst weiterhin als Ehrenamtliche engagieren.
Zudem kann sich der Zivildienst auch auf die Berufswahl auswirken und die Absolventen für eine Ausbildung im Sozial- oder Gesundheitsbereich begeistern. Die erwähnte Studie zeigt auch, dass rund sechs Prozent der Zivildiener auch nach ihrem Zivildienst als hauptamtliche Mitarbeiter in ihrer Organisation bleiben.
Laut Zivildienst-Bilanz waren 2022 in ganz Österreich 14.370 Zivildiener im Einsatz. Der Bedarf in den Sozial- und Gesundheitseinrichtungen lag jedoch bei 16.000 Zivildienststellen. Zivildiener sind in Anbetracht der Zahlen eine wichtige Stütze für das Gesundheitssystem in Österreich und werden stetig benötigt.
Alle weiteren Informationen zum Thema Zivildienst in Österreich gibt es auf der offiziellen Website der Zivildienstserviceagentur.